Commerzbank-Chef Martin Blessing verabschiedet sich bei seiner letzten Jahresbilanz mit einem Milliardengewinn und der ersten Zahlung einer Dividende seit 2007.
Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus vervierfachte im vergangenen Jahr den Nettogewinn auf 1,06 Milliarden Euro - das erste Mal seit fünf Jahren, dass die in der Finanzkrise schwer gebeutelte Commerzbank wieder mehr als eine Milliarde verdient hat. "Das Jahr 2015 hat gezeigt, dass unsere Strategie richtig ist und die Umsetzung erfolgreich verläuft", bilanzierte Blessing, der die Bank spätestens im Oktober verlässt, am Freitag in Frankfurt. Nach jahrelangem warten sollen die Aktionäre - wie von Blessing im Herbst versprochen - eine Dividende von 20 Cent je Aktie erhalten. Das dürfte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble freuen, hält der Staat doch noch 15,6 Prozent an der Bank.
Auch die Anleger fassen wieder Vertrauen: Die Commerzbank-Aktie schoss um 15 Prozent auf 7,35 Euro nach oben und holte die Verluste der vorausgegangenen vier Tage damit wieder auf. Die Erholung bei anderen Banktiteln fiel deutlich verhaltener aus. Während die Commerzbank aus dem Gröbsten heraus zu sein scheint, steht der große Rivale Deutsche Bank gerade am Anfang seiner lange aufgeschobenen Sanierung. Die Deutsche Bank schließt Filialen und streicht Tausende Stellen. Eine Dividende will der Branchenprimus weder für 2015 noch für das laufende Jahr zahlen.
SCHÄUBLE KASSIERT 39 MILLIONEN EURO
Bei der Commerzbank darf sich Bundesfinanzminister Schäuble dagegen über 39 Millionen Euro Dividende freuen. In ein paar Jahren könnte das deutlich mehr werden, stellte Finanzchef Stephan Engels in Aussicht. Das Aktienpaket ist mit rund 1,4 Milliarden Euro allerdings weit weniger wert als der Bund in der Finanzkrise dafür bezahlt hatte.
Größter Gewinntreiber war 2015 die Privatkunden-Sparte, die in drei Jahren gut 800.000 Kunden gewonnen hat. Ihr operativer Gewinn schnellte um zwei Drittel auf 751 Millionen Euro nach oben. "Die größte positive Überraschung waren die starke Verbesserung der Kapitalquoten und der weitere Abbau der Schiffskredite", erklärte Equinet-Analyst Philipp Häßler. "Die vorsichtige Prognose ist etwas enttäuschend, aber angesichts des schwierigen Marktumfelds verständlich." Die Commerzbank will den Gewinn im neuen Jahr leicht steigern, obwohl die Rückstellungen für faule Kredite wieder "moderat" anziehen dürften. 2015 waren sie um 40 Prozent auf 696 Millionen Euro gesunken.
Mit der Auflösung der internen "Bad Bank" NCA setzt Blessing ein Zeichen, dass er die Krise der Commerzbank als endgültig überwunden sieht. Er hatte 2012 den Abbau aus der Finanzierung von Schiffen und gewerblichen Immobilien beschlossen. Die Abbau-Einheit war zuletzt noch 63 Milliarden Euro schwer. Nun soll der Großteil auf die Mittelstandsbank und die Privatkunden-Sparte übertragen werden. Übrig bleiben 18 Milliarden an riskanteren Engagements, um die sich bis 2019 eine kleine "Asset & Capital Recovery Unit" kümmern soll. Bis zu 850 Millionen Euro Verlust hat die Bank dafür noch eingeplant.
Die Problem-Kredite hatten lange viel Kapital gebunden. Der Abbau trieb die harte Kernkapitalquote im vergangenen Jahr auf 12,0 von 9,3 Prozent. Auch die Verschuldungsquote - das Verhältnis von Eigenkapital zur Bilanzsumme - verbesserte sich deutlich auf 4,5 von 3,6 Prozent. "Wir haben 2015 die Risiken weiter reduziert und die Stabilität der Commerzbank deutlich erhöht", sagte Engels.
KAPITALZIELE ERREICHT - RENDITEZIELE NICHT
Blessing, dessen Nachfolger spätestens im April gefunden sein soll, hinterlässt eine gemischte Bilanz: Die Ziele für die Kapitaldecke und den Abbau von Risiken hat er zwar vorzeitig erreicht. Die angepeilte Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent im Kerngeschäft sei wegen der Dauerniedrigzinsen aber auf absehbare Zeit ebenso wenig erreichbar wie eine Kostenquote von 60 Prozent. Im Vorjahr lag die Rendite bei 8,1 Prozent, die Kostenquote bei 72 Prozent.
Nach Blessings Abschied könnte der Commerzbank schneller als erwartet ein kompletter personeller Neuanfang bevorstehen. "Ich hänge an der Bank, aber ich klebe nicht an meinem Stuhl", erklärte Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller im Mitarbeiter-Portal der Bank. Der 71-Jährige Vorgänger Blessings als Bankchef kann sich nun doch vorstellen, vor 2018 abzutreten. Forderungen danach waren zuletzt vor allem aus der Politik laut geworden.
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