Im Wahljahr tauscht die SPD den Generalsekretär aus: Auf Katarina Barley folgt der Wirtschaftspolitiker Hubertus ....
30/07/17
Hubertus Heil, Sigmar Gabriel, Martin SchulzMonate vor der Bundestagswahl ihr Spitzentableau um. Nach drei verlorenen Landtagswahlen und dem Abrutschen in den Umfragen auf 25 Prozent eröffnet sich für Kanzlerkandidat Martin Schulz dadurch die Chance auf einen Neustart für seine Partei - doch die Veränderung birgt auch Risiken.
Der Anlass ist ernst: Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering hatte am Dienstag seine Krebserkrankung öffentlich gemacht und seinen Rückzug angekündigt. Nachfolgerin wird die bisherige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig.
Schwesigs Job im Ministerium bekommt die bisherige Generalsekretärin Katarina Barley. Und neuer Generalsekretär wird der Wirtschaftsexperte der Bundestagsfraktion, Hubertus Heil. Er hatte den Posten bereits von 2005 bis 2009 inne. Aktuell ist der 44-Jährige Vizefraktionschef.
Die Entscheidung ist eine Überraschung
Zu den engsten Vertrauten des Kanzlerkandidaten gehörte Heil zunächst nicht. Doch in den vergangenen Monaten lernten sich beide besser kennen, als sie gemeinsam an einem Wirtschaftskonzept für den Wahlkampf arbeiteten.
Hubertus Heil
Trotzdem galt Heil nicht als naheliegende Lösung für den Job des Generalsekretärs. Es kursierten andere Namen für die Barley-Nachfolge.
Entsprechend überrascht reagierten die Mitglieder der Bundestagsfraktion, als Schulz die Personalie am Dienstag verkündete. Ein Raunen ging durch die Reihen. Der Auserkorene wiederum gab sich demütig: "Ich will der Partei dienen", teilte er den Abgeordneten mit.
Was die Rochade für Schulz bedeutet
In der Parteizentrale der SPD, dem Willy-Brandt-Haus, ist ein Generalsekretär eine Art Hauptverwalter. Nach außen vertritt er politische Positionen der Partei, meist über Interviews und Talkshows. Heil ist nun in die Riege der führenden SPD-Politiker im nahenden Bundestagswahlkampf aufgerückt.
Für seine Ernennung spricht, dass er nicht bei null anfängt. Er kennt die Herausforderungen und Abläufe des Jobs. In seine Zeit als Generalsekretär fallen mehrere Parteichefwechsel: Matthias Platzeck, Kurt Beck und Franz Müntefering lösten sich ab. Es waren turbulente Zeiten; Heil ist Chaos und Krisen gewohnt.
Einen Wahlerfolg auf Bundesebene kann Heil nicht vorweisen. 2009, also zu seiner Zeit als Generalsekretär, fuhr die SPD mit Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. In der SPD gilt Heil aber nicht als Hauptverantwortlicher für diese Pleite. Den Wahlkampf organisierte damals im Wesentlichen das Duo Müntefering und Kajo Wasserhövel.
Kaum Frauen in SPD-Spitzenämtern
Heil wird beweisen müssen, dass er sein Image als solider Fachpolitiker abstreifen und sich als sprühender Wahlkämpfer inszenieren kann. Grundsätzlich lässt sich die Personalie aber kaum als echter Neustart verkaufen, sie fällt eher in die Kategorie "pragmatische Lösung".
Dass sich Schulz für einen Mann als Barley-Nachfolger entschieden hat, ist für die SPD ein Problem. Die Partei hat wenige Frauen in einflussreichen Ämtern. Dafür ist der Landesverband Niedersachsen nun (abermals) in SPD-Spitzenposten überrepräsentiert. Außenminister Sigmar Gabriel und Fraktionschef Thomas Oppermann sind Niedersachsen, Heil ebenfalls.
Schulz weiß um mögliche Vorbehalte, in der Fraktionssitzung bat er um Rückhalt. "Ich will keinen Parteitag gewinnen, sondern eine Bundestagswahl", sagte er Teilnehmern zufolge. Das konnte man als Bitte an die Truppe verstehen, die Entscheidung zu akzeptieren. Heil soll das Amt bis zu einem Parteitag zunächst kommissarisch übernehmen.
Gleichzeitig hat Schulz für Heil schon konkrete Aufgaben im Kopf; er soll im Wahlkampf wohl eine andere Rolle spielen als zuletzt Barley. Von Heil erwartet der Kanzlerkandidat, dass er offensiver und frischer als seine Vorgängerin die SPD-Kampagne nach außen verkauft. Auch soll er enger mit Schulz' Chefberater Markus Engels zusammenarbeiten, der in Parteikreisen als überlastet gilt.
Heil kennt sich gut aus mit Wirtschaft und Bildung, ist aber auch ein Generalist, der zu allen Themen sprechfähig ist. In der Fraktion ist er einer der wenigen, die frei und pointiert zu unterschiedlichen Themen reden können.
Ein solcher Helfer schafft Freiraum für Kandidat Schulz. Den kann er gut gebrauchen: Die Kanzlerin präsentiert sich neuerdings als Verteidigerin Europas gegenüber Donald Trump - eine Rolle, die der SPD-Herausforderer zu gern selbst besetzen würde.
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