Der Bundestag hat das umstrittene BND-Gesetz beschlossen. Für Angela Merkels Regierung ist die Zeit der Spionageskandale damit offiziell beendet. So schafft man kein Vertrauen in die Dienste.
Es scheint lange her zu sein,
dass sich die Republik über ein belauschtes Kanzlerinnentelefon, geheime
Selektorenlisten und angezapfte Unterseekabel aufregte. Dabei war die Lage noch
2015 ernst, auch für Angela Merkel. Vorwürfe, das Kanzleramt habe bezüglich
eines angeblichen No-Spy-Deals mit den USA gelogen, trafen Merkel persönlich,
kratzten an ihrer Glaubwürdigkeit, provozierten einen Koalitionskrach.
Zuvor hatten die Enthüllungen von
Edward Snowden über das globale Spionagenetz die Beziehungen zwischen Europa
und den USA erschüttert. Es stellte sich heraus, dass auch der deutsche
Auslandsgeheimdienst BND in Spähskandale verwickelt war.
An diesem Freitag hat der
Bundestag nun die größte BND-Reform aller Zeiten verabschiedet. Das Gesetz
verpasst dem Dienst neue Regeln. Regeln, die für Transparenz und Klarheit
sorgen, schwärmt die Große Koalition. Kritiker schimpfen: Das Gegenteil ist der
Fall, frühere Rechtsbrüche werden für die Zukunft legitimiert. (Was im Detail
im neuen Gesetz steht, lesen Sie hier.)
Versuch der Reinwaschung
Über die Stärken und Schwächen
des Gesetzes kann man streiten, über die symbolische Wirkung nicht. Die
BND-Reform wirkt wie ein Schlussstrich der Bundesregierung unter die
Spähaffäre. Und Deutschlands beschämende Rolle darin wird gleich mit abgeräumt.
Reicht das nicht?Seht her, will
Merkels Regierung zeigen, wir haben aus dem Chaos, das unsere
6000-Mitarbeiter-Behörde und deren Aufsicht im Kanzleramt fabriziert hat,
gelernt. Wir haben einen neuen BND-Präsidenten installiert und schaffen
zusätzliche Gremien. Wir werden den Nachrichtendienst stärken und ihn
gleichzeitig gründlicher kontrollieren.
Nein, das reicht nicht. Denn
zentrale Vorgänge sind bis heute nicht aufgeklärt.
So half der BND dem
US-Geheimdienst NSA dabei, Unternehmen und Politiker in EU und Nato
auszuforschen. Wer im Kanzleramt wann davon wusste, was konkret passierte, ist
offen.
Jahrelang schaute man im BND
nicht so genau hin, wenn die NSA Suchbefehle für die Datenströme vorgab.
Deutschland nahm damit das Risiko von Rechtsbrüchen in Kauf. Wie es überhaupt
dazu kommen konnte, beleuchtete ein Untersuchungsausschuss - doch Akten und
Zeugen brachten nur teilweise Klarheit.
Fragenkataloge, die die
Bundesregierung nach der Causa Snowden an die US-Regierung schickte, wurden nie
oder knapp beantwortet. Warum nahm Deutschland das einfach so hin? Gab es
ernsthafte Versuche, an Antworten zu kommen?
Schuld an der Unklarheit ist auch
Merkel. Die Themen Überwachung und Spionage prägten ihre dritte Amtszeit mit,
trotzdem reagierte sie oft nur dann, wenn der öffentliche Druck stieg. Zu oft
wartete sie ab, bis sich die Sache von selbst erledigte und die Aufmerksamkeit
nachließ.
Zwar betont sie, dass Europa auf
US-Informationen angewiesen ist. Angesichts der Terrorgefahr ist das eine
nachvollziehbare Haltung. Auch erwartet niemand eine Regierungserklärung über
Datenknotenpunkte und den Einsatz von Radomen. Doch Merkel hätte wenigstens
einmal ausführlich erklären müssen, wo exakt sie auf dem schmalen Grat zwischen
Geheimdienstbefugnissen und Bürgerrechten steht.
Merkel trägt die politische
Verantwortung dafür, dass die Bürger in die Arbeit der Nachrichtendienste
vertrauen. Dazu gehört, dass man ehrlich über die Grenzen von Aufklärung und
Risiken für Durchschnittsbürger spricht. Diese Gelegenheit hat Merkel nicht
genutzt oder bewusst verpasst. Daran ändert auch ein 70-seitiges Gesetz nicht.
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