In rätselhafter Patient. Die Bohnen rochen so komisch
Eine 47-Jährige kann kaum noch sprechen, ihre Lider hängen, die Atmung stockt. Am nächsten Tag muss auch ihr Mann in die Klinik. War das Familienessen schuld?
Alle Beschwerden sprechen für ein neurologisches Problem. Mit dem Nervensystem der Patientin scheint etwas nicht zu stimmen. Die Ärzte beginnen, nach der Ursache zu suchen:
- Sie machen ein CT-Bild des Kopfes, sehen jedoch nichts Ungewöhnliches.
- Anschließend schieben sie die Frau für ein MRT in die Röhre, doch auch auf diesen Bildern können sie nichts Verdächtiges erkennen.
- Auch eine Untersuchung des Nervenwassers, das Gehirn und Rückenmark umspült, bringt sie nicht weiter.
Während die Ärzte rätseln, verschlechtert sich der Zustand der Patientin rapide. Ihre Lider sind mittlerweile so stark gelähmt, dass sie ihre Augen nicht mehr öffnen kann. Die Muskeln in Armen und Beinen beginnen, zu versagen. Die Frau wird immer schwächer.
Rund 24 Stunden, nachdem die 47-Jährige ins Krankenhaus gekommen ist, schafft ihr Körper es nicht mehr, selbst genug Luft in die Lungen zu pumpen. Die Ärzte beginnen, sie künstlich zu beatmen. An diesem Tag kommt auch der Mann der Frau in die Klinik.
Seit dem Vortag ist ihm schlecht und schwindelig. Wie seine Frau leidet er unter zunehmenden Sprachstörungen, sieht doppelt. Seine Lider beginnen ebenfalls, zu hängen. Die Muskeln für seine Augenbewegungen sind geschwächt. Das Sprechen und Schlucken fällt ihm immer schwerer.
Die ähnlichen Beschwerden der beiden wecken bei den Ärzten einen Verdacht: Ist ein einfaches Familienessen schuld?
Die Mediziner befragen den Sohn der beiden. Und tatsächlich: Drei Tage, bevor seine Mutter ins Krankenhaus gekommen war, hatten seine Eltern selbst eingelegte Bohnen gegessen. Der Sohn hatte verzichtet - die Bohnen rochen so komisch.
Für die Ärzte ist der Fall damit klar. Ihre Patienten haben sich unbewusst mit Botulinumtoxin vergiftet, vielen besser bekannt als Faltenglätter Botox. Ein Bluttest der Mutter bestätigt die Diagnose, auch im Bohnenrest aus dem Elternhaus findet ein Labor Spuren des Gifts.
Bevor die Schönheitsfabriken Botox entdeckten, kannten die Menschen den Stoff lange Zeit als Gefahr durch verdorbenes Essen, zu erkennen an aufgeblähten Konserven. Botox entsteht, wenn Gemüse, Fleisch oder Fisch beim Einlegen nicht ausreichend erhitzt wurde und sich bestimmte Bakterien vermehren konnten. Mit dem Essen eingenommen können schon wenige Millionstel Milligramm ausreichen, um einen Menschen zu töten.
In Deutschland kommt es seit der Einführung von Konservierungsstoffen nur noch selten zu Vergiftungen. Pro Jahr werden rund zehn Fälle gemeldet, meist ausgelöst durch selbst eingelegte Konserven.
Zu spät fürs Gegengift
Zwar wissen die Ärzte jetzt, was ihre Patienten quält. Doch für das Gegengift ist es laut der deutschen Leitline zu spät. Stattdessen bleibt den Ärzten nur, die Körper ihrer Patienten so gut es geht zu unterstützten. Botox lähmt Muskeln, indem es ihre Kommunikation mit den Nerven verhindert. Mit der Zeit erholen sich Nerven und Muskeln von selbst.
Anfangs geht es dem Ehepaar jedoch immer schlechter, wie die Ärzte um Dorothea Hellmich im "Journal of Medical Case Reports" schreiben. Der Mann kann kaum noch sprechen, seine Zunge ist gelähmt. Ab dem dritten Tag im Krankenhaus muss auch er künstlich beatmet werden.
Der 51-Jährige ist äußerst unruhig und nicht mehr richtig ansprechbar, dokumentieren die Mediziner. Er hat einen hohen Blutdruck, den sie mit Medikamenten nicht kontrollieren können und hohes Fieber. Nur langsam wird es besser.
Nach Monaten zu Hause
Nach etwas mehr als zwei Wochen im Krankenhaus, an Tag 15, entlassen die Ärzte zuerst den Mann in eine Reha-Klinik. Zu diesem Zeitpunkt muss er noch beatmet werden, seine Gesichts- und Augennerven sind noch immer gelähmt.
Seine Frau folgt zwei Wochen später, auch sie muss bei der Entlassung in die Rehaklinik noch beatmet werden. Ihre Arme und Beine sind extrem geschwächt. Allerdings ist sie bei Bewusstsein und kann Fragen mit Handzeichen oder schriftlich beantworten, schreiben die Ärzte.
Erst nach 4,5 Monaten können die Mediziner den Mann, nach 5,5 Monaten die Frau vom Beatmungsgerät trennen. Acht Monate nach der Mahlzeit kommt er endlich nach Hause, bei seiner Frau dauert es noch drei Monate länger. Die Vergiftungs-Beschwerden der beiden gelten als geheilt. Obwohl sie schwach sind, haben sie Glück gehabt.
Doch auch psychisch müssen sie sich noch erholen. Die Frau ist bei ihrer Entlassung depressiv, schreiben die Krankenhausärzte. Erst nach der Heimkehr des Paars erfahren sie außerdem einen Grund für die Unruhe des Mannes: In der ersten Zeit im Krankenhaus hatte er durch die Vergiftung sein Gedächtnis verloren. Nach drei Monaten kam es
Eine 47-Jährige kann kaum noch sprechen, ihre Lider hängen, die Atmung stockt. Am nächsten Tag muss auch ihr Mann in die Klinik. War das Familienessen schuld?
Alle Beschwerden sprechen für ein neurologisches Problem. Mit dem Nervensystem der Patientin scheint etwas nicht zu stimmen. Die Ärzte beginnen, nach der Ursache zu suchen:
- Sie machen ein CT-Bild des Kopfes, sehen jedoch nichts Ungewöhnliches.
- Anschließend schieben sie die Frau für ein MRT in die Röhre, doch auch auf diesen Bildern können sie nichts Verdächtiges erkennen.
- Auch eine Untersuchung des Nervenwassers, das Gehirn und Rückenmark umspült, bringt sie nicht weiter.
Während die Ärzte rätseln, verschlechtert sich der Zustand der Patientin rapide. Ihre Lider sind mittlerweile so stark gelähmt, dass sie ihre Augen nicht mehr öffnen kann. Die Muskeln in Armen und Beinen beginnen, zu versagen. Die Frau wird immer schwächer.
Rund 24 Stunden, nachdem die 47-Jährige ins Krankenhaus gekommen ist, schafft ihr Körper es nicht mehr, selbst genug Luft in die Lungen zu pumpen. Die Ärzte beginnen, sie künstlich zu beatmen. An diesem Tag kommt auch der Mann der Frau in die Klinik.
Seit dem Vortag ist ihm schlecht und schwindelig. Wie seine Frau leidet er unter zunehmenden Sprachstörungen, sieht doppelt. Seine Lider beginnen ebenfalls, zu hängen. Die Muskeln für seine Augenbewegungen sind geschwächt. Das Sprechen und Schlucken fällt ihm immer schwerer.
Die ähnlichen Beschwerden der beiden wecken bei den Ärzten einen Verdacht: Ist ein einfaches Familienessen schuld?
Die Mediziner befragen den Sohn der beiden. Und tatsächlich: Drei Tage, bevor seine Mutter ins Krankenhaus gekommen war, hatten seine Eltern selbst eingelegte Bohnen gegessen. Der Sohn hatte verzichtet - die Bohnen rochen so komisch.
Für die Ärzte ist der Fall damit klar. Ihre Patienten haben sich unbewusst mit Botulinumtoxin vergiftet, vielen besser bekannt als Faltenglätter Botox. Ein Bluttest der Mutter bestätigt die Diagnose, auch im Bohnenrest aus dem Elternhaus findet ein Labor Spuren des Gifts.
Bevor die Schönheitsfabriken Botox entdeckten, kannten die Menschen den Stoff lange Zeit als Gefahr durch verdorbenes Essen, zu erkennen an aufgeblähten Konserven. Botox entsteht, wenn Gemüse, Fleisch oder Fisch beim Einlegen nicht ausreichend erhitzt wurde und sich bestimmte Bakterien vermehren konnten. Mit dem Essen eingenommen können schon wenige Millionstel Milligramm ausreichen, um einen Menschen zu töten.
In Deutschland kommt es seit der Einführung von Konservierungsstoffen nur noch selten zu Vergiftungen. Pro Jahr werden rund zehn Fälle gemeldet, meist ausgelöst durch selbst eingelegte Konserven.
Zu spät fürs Gegengift
Zwar wissen die Ärzte jetzt, was ihre Patienten quält. Doch für das Gegengift ist es laut der deutschen Leitline zu spät. Stattdessen bleibt den Ärzten nur, die Körper ihrer Patienten so gut es geht zu unterstützten. Botox lähmt Muskeln, indem es ihre Kommunikation mit den Nerven verhindert. Mit der Zeit erholen sich Nerven und Muskeln von selbst.
Anfangs geht es dem Ehepaar jedoch immer schlechter, wie die Ärzte um Dorothea Hellmich im "Journal of Medical Case Reports" schreiben. Der Mann kann kaum noch sprechen, seine Zunge ist gelähmt. Ab dem dritten Tag im Krankenhaus muss auch er künstlich beatmet werden.
Der 51-Jährige ist äußerst unruhig und nicht mehr richtig ansprechbar, dokumentieren die Mediziner. Er hat einen hohen Blutdruck, den sie mit Medikamenten nicht kontrollieren können und hohes Fieber. Nur langsam wird es besser.
Nach Monaten zu Hause
Nach etwas mehr als zwei Wochen im Krankenhaus, an Tag 15, entlassen die Ärzte zuerst den Mann in eine Reha-Klinik. Zu diesem Zeitpunkt muss er noch beatmet werden, seine Gesichts- und Augennerven sind noch immer gelähmt.
Seine Frau folgt zwei Wochen später, auch sie muss bei der Entlassung in die Rehaklinik noch beatmet werden. Ihre Arme und Beine sind extrem geschwächt. Allerdings ist sie bei Bewusstsein und kann Fragen mit Handzeichen oder schriftlich beantworten, schreiben die Ärzte.
Erst nach 4,5 Monaten können die Mediziner den Mann, nach 5,5 Monaten die Frau vom Beatmungsgerät trennen. Acht Monate nach der Mahlzeit kommt er endlich nach Hause, bei seiner Frau dauert es noch drei Monate länger. Die Vergiftungs-Beschwerden der beiden gelten als geheilt. Obwohl sie schwach sind, haben sie Glück gehabt.
Comentarios
Publicar un comentario